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Nachhaltiges Wohnen im Hulsberg-Viertel


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Das Hulsberg-Viertel in Bremen steht vor einer grundlegenden Transformation. Bis zum Ende der 2020er Jahre soll auf dem Gelände des ehemaligen Klinikums Bremen-Mitte ein modernes, generationenübergreifendes Wohnquartier entstehen. Innerhalb dieses Entwicklungsprozesses hat sich das Wohnprojekt KARL als ein Beispiel für gemeinschaftliches und ressourcenschonendes Bauen etabliert. Der Entwurf zeigt, wie sich Wohnraum effizient gestalten lässt, ohne dabei auf Nachhaltigkeit und soziale Aspekte zu verzichten. Dabei spielt Kalksandstein eine zentrale Rolle, da dieser Baustoff sowohl wirtschaftliche als auch energieeffiziente Vorteile bietet.

Foto: Axel Schmitz-Justen
Foto: Axel Schmitz-Justen

Die Wohnungsbaugenossenschaft KARL verfolgt nach eigener Aussage das Prinzip des solidarischen Bauens und Wohnens. 2019 wurde ihr im Rahmen eines Konzeptverfahrens der Stadt Bremen ein rund 3.720 Quadratmeter großes Grundstück an der Friedrich-Karl-Straße zugesprochen. Die Planung des Projekts übernahm das Berliner Büro Praeger Richter Architekten, das ein Gebäude entwarf, das sich an den Bedürfnissen der Bewohner und des umliegenden Quartiers orientiert. Dabei standen nach Angaben der Architekten nachhaltige, inklusive und wirtschaftlich realisierbare Lösungen im Fokus. In enger Zusammenarbeit mit den zukünftigen Bewohnern wurde ein viergeschossiges, barrierearmes Wohnhaus mit Dachterrasse konzipiert.

Architektur im Dialog mit dem Quartier

Die Gestaltung des Gebäudes greift Elemente der Umgebung auf und interpretiert sie auf moderne Weise. Die Klinkerfassaden historischer Bestandsbauten dienten als Inspiration für das Erdgeschoss, das mit gedrehten Klinkerriemchen in Fischgrätmuster gestaltet wurde. In den oberen Geschossen setzt sich die Farbgebung in Form eines rötlichen Putzes fort, der sich farblich an den Fugen der Klinkerriemchenfassade orientiert. Diese gestalterischen Details schaffen einen harmonischen Übergang zwischen Neu- und Altbau und geben dem Haus zugleich eine eigene Identität.

Die Klinkerfassaden des Viertels finden sich auch im Wohnprojekt KARL wieder – allerdings mit einer ganz eigenen persönlichen Note. Bild: Antonia Leicht
Die Klinkerfassaden des Viertels finden sich auch im Wohnprojekt KARL wieder – allerdings mit einer ganz eigenen persönlichen Note. Bild: Antonia Leicht

Neben der optischen Integration in das Viertel wurde auch funktional auf eine enge Verbindung zwischen Hausgemeinschaft und Nachbarschaft geachtet. Im Erdgeschoss sind gemeinschaftlich genutzte Räume wie ein Hobbybereich sowie der „KARL-Raum“ angesiedelt, der auch für externe Veranstaltungen zur Verfügung steht. Ergänzt wird das Angebot durch eine Kita und ein Café, die das Wohnprojekt zusätzlich mit dem Quartier verknüpfen.

Gemeinschaftliches Wohnen mit effizienter Flächennutzung

Ein besonderes Merkmal des Wohnprojekts ist die bewusste Entscheidung für kompakte Wohnflächen bei gleichzeitig großzügigen Gemeinschaftsbereichen. Das erste Obergeschoss beherbergt eine inklusive Wohngemeinschaft, während die darüberliegenden Etagen den Mitgliedern der Genossenschaft vorbehalten sind. Die Bewohner setzen sich aus rund 50 Erwachsenen und 20 Kindern unterschiedlichster Altersgruppen zusammen. Um eine möglichst barrierefreie Erschließung zu ermöglichen, verzichteten die Architekten auf klassische Treppenhäuser und entschieden sich stattdessen für Laubengänge, die hofseitig angeordnet sind. Diese bieten nicht nur eine bequeme Zugangsmöglichkeit zu den Wohnungen, sondern dienen gleichzeitig als geschützte Spielfläche für Kinder.

Die Laubengänge dienen nicht nur zur Erschließung, sie sind auch ein beliebter Spielort für die Kinder des Hauses geworden. Bild: Antonia Leicht
Die Laubengänge dienen nicht nur zur Erschließung, sie sind auch ein beliebter Spielort für die Kinder des Hauses geworden. Bild: Antonia Leicht

Insgesamt nimmt der gemeinschaftlich nutzbare Raum etwa 25 Prozent der gesamten Wohnfläche ein. Die Genossenschaftsmitglieder verfügen pro Kopf über eine Wohnfläche von durchschnittlich 30 Quadratmetern, profitieren jedoch zusätzlich von rund 200 Quadratmetern Gemeinschaftsfläche sowie einer Außenanlage von etwa 1.200 Quadratmetern. Laut Henri Praeger sei dies ein Beispiel für eine wirtschaftlich effiziente Flächennutzung, die ein soziales Miteinander fördert, ohne große individuelle Wohnflächen zu benötigen.

Kosteneffizientes Bauen mit nachhaltigen Materialien

Die Bewohner des Hauses kommen aus unterschiedlichen sozialen und kulturellen Hintergründen, was sich auch in den variierenden finanziellen Beiträgen zum Projekt widerspiegelte. Um ein bezahlbares Wohnen für alle Beteiligten zu ermöglichen, wurde ein Baukonzept entwickelt, das auf wirtschaftliche Lösungen setzt. Eine entscheidende Rolle spielte dabei der Baustoff Kalksandstein, der in Form des großformatigen Bausystems KS-Quadro von KS-Original eingesetzt wurde. Nach Angaben des Herstellers ermöglicht das System eine modulare Bauweise auf Basis eines 12,5-Zentimeter-Rasters. Die flexiblen Formate gestatten individuelle Grundrisse, während die großformatigen Steine den Baufortschritt beschleunigen. Dem Unternehmen zufolge lassen sich mit dem Bausystem bis zu 50 Prozent der Lohnkosten im Vergleich zu konventionellem Mauerwerk einsparen. Zudem sorgt ein Nut-Feder-System für präzises Vermauern und eine erhöhte Ausführungssicherheit.

Bild: Antonia Leicht
Bild: Antonia Leicht

Die Außenwände sind mit einem mineralischen Wärmedämm-Verbundsystem versehen, das in Kombination mit dem massiven Kalksandstein-Mauerwerk zur langfristigen Senkung des Energieverbrauchs beitragen soll. Die natürlichen Materialien Kalk, Sand und Wasser sorgen dabei für ein ausgeglichenes Raumklima, indem sie sowohl die Temperatur als auch die Luftfeuchtigkeit regulieren. Das Wohnprojekt konnte den Effizienzhaus-40-Standard erreichen, wodurch eine nachhaltige Nutzung der Gebäudeenergie gewährleistet wird.

Ein Modellprojekt für sozial nachhaltiges Wohnen

Mit dem Wohnprojekt KARL wird ein Wohnmodell umgesetzt, das nicht nur ökologische und ökonomische, sondern auch soziale Nachhaltigkeit berücksichtigt. Die Kombination aus gemeinschaftlicher Wohnform, effizienter Flächennutzung und ressourcenschonender Bauweise zeigt, wie modernes Wohnen in urbanen Räumen aussehen kann. Dabei wird das Konzept des gemeinschaftlichen Zusammenlebens nicht nur architektonisch, sondern auch durch die Organisation der Genossenschaft gefördert. Das Projekt könnte daher als Inspiration für zukünftige Wohnformen dienen, die den Fokus auf soziale Integration und nachhaltige Stadtentwicklung legen.

Bild: Antonia Leicht
Bild: Antonia Leicht

Das Gebäude ist mit seiner Fassade deutlich im Quartier erkennbar und fungiert als Treffpunkt für Bewohner und Nachbarn. Die Klinkerelemente der umgebenden Bauten wurden aufgegriffen und mit einem eigenen, modernen Akzent versehen. Besonders die Laubengänge haben sich als zentraler Ort der Begegnung etabliert, da sie nicht nur der Erschließung der Wohnungen dienen, sondern auch als geschützter Spielbereich für die Kinder des Hauses genutzt werden.


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