Neues Bauvertragsrecht: 10-Punkte-Plan zum „perfekten“ Bauvertrag
Seit dem 1. Januar gilt das neue Bauvertragsrecht, das erstmals auf die Besonderheiten des Bauens eingeht. Vor diesem Hintergrund aktualisiert die Arbeitsgemeinschaft für Bau- und Immobilienrecht im Deutschen Anwaltverein ihren 10-Punkte-Plan zum „perfekten“ Bauvertrag. Ziel des Leitfadens ist es, die typischen bauvertraglichen Risiken zu minimieren und allen Baubeteiligten einen möglichst störungsfreien Bauablauf zu ermöglichen. „Den perfekten Bauvertrag gibt es zwar nicht wirklich, denn dafür sind Bauprojekte einfach zu komplex“, sagt Rechtsanwältin Dr. Birgit Franz, „aber mit unseren 10 Punkten können die Parteien dem Ideal schon recht nahe kommen“. Die stellvertretende Vorsitzende der ARGE Baurecht macht vor allem bei den Punkten „Leistungsbeschreibung“ und „Vertragspartner“ entscheidende Unterschiede im Vergleich zum vorher geltenden Bauvertragsrecht aus.
Präzise Leistungsbeschreibung bleibt wichtig
„Die Beschreibung der zu erbringenden Bauleistungen ist und bleibt das Kernstück des Bauvertrags“, unterstreicht Franz. Sie kann detailliert oder funktional erfolgen. Bei einer detaillierten Beschreibung sind alle beschriebenen Leistungen vom Unternehmer zu erfüllen – allerdings nur diese. Alle nicht genannten, jedoch zur Fertigstellung notwendigen Leistungen werden gesondert ausgeführt und abgerechnet. Auch Baunebenleistungen wie etwa die Absicherung der Baustelle oder der Anschluss an die Wasserversorgung gehören dazu. „Was die detaillierte Leistungsbeschreibung nicht beinhaltet, kostet im Nachhinein extra“, betont Franz. „Oftmals müssen im Bauablauf Leistungen erbracht werden, die weder beschrieben noch kalkuliert waren. Diese so genannten Nachtragsleistungen treiben Bauzeit und Kosten in die Höhe.“ Eine Besonderheit gilt für den Verbraucherbauvertrag. Dort ist der Unternehmer gesetzlich verpflichtet, dem Verbraucher vorvertraglich eine Baubeschreibung zur Verfügung zu stellen. Zweifel bei der Auslegung des Vertrags bezüglich des vom Unternehmer geschuldeten Leistungsinhalts gehen hier grundsätzlich zu Lasten des Unternehmens. „Ein klarer Vorteil für Verbraucher“, hebt Franz hervor.
Novum Anordnungsrecht
Ein absolutes Novum im neuen Bauvertragsrecht ist das einseitige Anordnungsrecht des Bestellers. Bauherren können während der Bauphase Änderungswünsche äußern, etwa ein geändertes Fundament, die Entsorgung belasteten Bodenaushubs oder auch ein weiteres Fenster. „Finden die Parteien innerhalb von 30 Tagen keine Einigung, kann der Auftraggeber die Änderungen anordnen,“ erläutert die Fachanwältin. Davon ausgenommen sind nur Leistungen, die zur Erreichung des Werkerfolgs nicht notwendig und darüber hinaus dem Bauunternehmer nicht zumutbar sind. „Mit einer qualifizierten, abgeschlossenen Planung und einem auf dieser Grundlage erstellten vollständigen und präzisen Leistungsverzeichnis, lässt sich“, so Franz, „das Risiko der Leistungsänderungen minimieren“.
Verbraucherschutz mit Tücken
„Dem Verbraucher kommen die neu geschaffenen Schutzregelungen nur dann zu Gute, wenn er die Bauleistungen sozusagen aus einer Hand bezieht“, so die Fachanwältin für Bau- und Architektenrecht. Denn das neue Verbraucherbauvertragsrecht gilt nur dann, wenn Verträge über die Errichtung eines kompletten Bauvorhabens oder erhebliche Umbaumaßnahmen an einem bestehenden Gebäude geschlossen werden. „Beauftragt der Bauherr mehrere Unternehmen mit verschiedenen Bauleistungen, gelten die besonderen Verbraucherschutzvorschriften ebenso wenig wie für Anbauten und Renovierungen ohne erhebliche Umbauten“, betont Franz.
Insgesamt enthält das neue Bauvertragsrecht wesentliche Regelungen zum Schutz des Privaten bei der Beauftragung von Bauleistungen. Darüber hinaus wird das neue Bauvertragsrecht zu schnelleren Lösungen im Falle notwendiger Änderungen der vereinbarten Bauleistungen führen und so das Konfliktrisiko minimieren. Da allerdings jede Änderung auch Abwehrhaltungen begründet, werden insbesondere die Auftraggeber von Bauleistungen bestrebt sein, vertragliche Sonderregelungen zu vereinbaren. „Daher raten wir allen Baubeteiligten, Verträge und Leistungsverzeichnisse von einem Baurechtsexperten prüfen zu lassen. Die im Vergleich zu den Gesamtkosten geringen Gebühren sind gut investiert“, konstatiert Baurechtsanwältin Franz.