Schul- und Bauentwicklung im Einklang
Bildung ist eine grundlegende Voraussetzung, die Zukunft in einer zunehmend komplexen, globalen Welt zu meistern. Die Schule als Institution ist davon ebenso berührt, wie jeder Einzelne in unserer Gesellschaft. Dabei ist die Schullandschaft in einem Umbruch, der heute alle Schulformen betrifft. Demografische und pädagogische Entwicklungen treiben den Ausbau von Ganztagsschulen voran und führen zu einer Verflechtung schulischer und vorschulischer Bildungs- und Betreuungsangebote. Auch die Inklusionsgesetzgebung erfordert Reaktionen der Verantwortlichen und neue Lösungen. Wird dabei die gute alte Schule, wie sie viele von uns kennen, noch bestehen können? Wie verändern sich die Anforderungen an Schüler, Lehrer und Gebäude durch neue Lehr- und Lernmethoden und was wird die Umgestaltung kosten? Mehr als 500 Experten mit Pädagogen, Architekten, Wissenschaftlern und Praktikern widmen sich beim 3. Kongress »Zukunftsraum Schule« des Fraunhofer IBP am 12. und. 13. November 2013 in der Carl-Benz-Arena in Stuttgart gemeinsam diesen interdisziplinären Fragen.
In vielen Kommunen wurden Bauvorhaben für Schulen und Kindertageseinrichtungen geplant, realisiert und abgeschlossen. Ob Neubau oder Sanierung, die Ergebnisse und Erkenntnisse der Beteiligten und Betroffenen zeigen, dass eine optimale Verknüpfung von Bau- und Schulentwicklung vom fachübergreifenden Lösungswissen profitiert. 400 Mio. Euro hat das Land Baden-Württemberg allein in den letzten fünf Jahren in den Schulbau investiert. In dem mit 4 Milliarden Euro ausgestatteten Investitionsprogramm »Zukunft Bildung und Betreuung« förderte die Bundesregierung den bedarfsgerechten Auf- und Ausbau von Ganztagsschulen in allen 16 Bundesländern. Sind damit die drängendsten Probleme unseres Schulsystems gelöst, zumindest was die Sanierung maroder Schulgebäude angeht?
Um bildungspolitisch auf die umwälzenden gesellschaftlichen Änderungen der letzten Jahrzehnte zu reagieren, bedarf es weiterer Anstrengungen und Initiativen. Die Kommunen bei diesem Prozess zu unterstützen, ist auch ein Anliegen, auf das Andreas Stoch, Minister für Kultus, Jugend und Sport des Landes Baden-Württemberg, in seinem abendlichen Festvortrag eingehen wird. »Wissen verbreiten, Erfahrungen austauschen und eine Plattform für direkte Diskussion und Kooperation zu bieten ist der Anspruch, dem wir uns als Veranstalter des 3. Kongresses »Zukunftsraum Schule verpflichtet fühlen» sagt Prof. Dr.-Ing. Klaus Sedlbauer, Leiter des Fraunhofer-Instituts für Bauphysik IBP.
Schulgebäude haben in Bezug auf die gesellschaftliche Entwicklung eine besondere Bedeutung, die sich von ihrer urbanen Integration bis zu Gestaltungsdetails erstreckt. Als Teil einer Stadt mit einem dialoggeprägten Umfeld können Schulen auch positive Wirkungen auf Kreativität und Ideenfindung entfalten. Nachhaltige Gebäudegestaltung, die sowohl Planung und Erstellung als auch Betrieb und Rückbau betreffen, sollte selbstverständlich sein. Maximaler Nutzerkomfort bei optimierten Lebenszykluskosten und geringen Umweltwirkungen erfüllen den hohen Qualitätsanspruch des nachhaltigen Bauens.
Sicherheit in Schulen ist ein Grundbedürfnis und ein Schwerpunkt des diesjährigen Kongresses. Pro Jahr gibt es bundesweit rund 700 000 allgemeine Unfälle. Davon resultieren ca. 90.000 Unfälle aus Gewalttaten, Brandalarmen und Amokdrohungen. Sensibilisierung und Prävention sind Grundvoraussetzung für mehr Sicherheit in Schulen. Um bei Notfällen und Gefahren Konflikte zu vermeiden, z.B. zwischen Evakuierung im Brandfall und der Verbarrikadierung bei Amokbedrohung, werden bauliche und technische Möglichkeiten vorgestellt.
Die Ansprüche an eine zukunftsfähige Schule gehen jedoch noch viel weiter. Vor dem Hintergrund gesundheitlicher Probleme, mangelnder Sozialkompetenz, steigender Aggressionsbereitschaft sowie motorischer und koordinativer Schwächen der Kinder kommt der bewegungsfreundlichen Schule eine immer größere Bedeutung zu. Variable Gemeinschafts-, Besprechungs- und Arbeitsräume sind zu schaffen. Begegnungs- und Bewegungsräume müssen Abwechslungsreichtum und aktives Aufwachsen bieten. Konkrete Lösungsvorschläge und Praxisbeispiele, wie sich diese vielfältigen Ansprüche an Schulen in Einklang bringen lassen, liefert der Kongress mit interdisziplinären Fachvorträgen, Workshops und einer umfangreichen Begleitausstellung.
So wird unter anderem ein Lernatelier vorgestellt, das sowohl personalisiertes als auch kooperatives Lernen unterstützt. Unter eigenständiger Gestaltung des Lernprozesses ermöglicht diese Lernumgebung Schülern kreatives Arbeiten, selbstorganisierte Informationssuche oder mediengestütztes Recherchieren. Mehr Fläche und mehr Raum sind für diese modernen pädagogischen Konzepte notwendig, die mit optimierten funktionalen Strukturen kombiniert werden. Auch für Schulsporthallen, Außenanlagen und Schwimmbäder werden Anregungen thematisiert, welche architektonische und funktionale Struktur dieser Bewegungsräume zu Bildungsplänen, aber auch zu Erwartungen von Schülern, Lehrkräften und Schulverwaltung passen.
Energieeffiziente Schulen stehen nicht nur für den sparsamen Umgang mit Energie und Ressourcen, sie bieten zugleich lernförderliche Bedingungen für Kinder und Jugendliche. Neben der Energieeffizienz spielen auch die Faktoren der Luftqualität und Behaglichkeit in Schulgebäuden eine große Rolle. Dies zeigen Leuchtturmprojekte, die zur Nachahmung einladen. Seit Jahren bringt das Fraunhofer-Institut für Bauphysik IBP seine wissenschaftliche Expertise zu Themen wie Energieeffizienz oder Behaglichkeit in vielen richtungsweisenden Demonstrationsprojekten und Begleitforschungsvorhaben ein. Die wissenschaftlichen Erkenntnisse und der beim 3. Kongress erstmalig startende Ideenwettbewerb erleichtern den Weg dorthin. Selbst den verbreiteten Bedenken gegenüber Provisorien als Begleiterscheinung von Schulsanierungsvorhaben wird begegnet. Anspruchsvolle Modulbauweisen, die Wohlfühl- statt »Barackenklima« in der Übergangszeit bieten, helfen, eine wesentliche Modernisierungsschwelle kostengünstig zu überwinden.