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Das Erbbaurecht im Fokus des Bundesgerichtshofs


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Der Bundesgerichtshof (BGH) hat kürzlich in einem wegweisenden Urteil (BGH, Urteil vom 19. Januar 2024 – Az. V ZR 191/22) die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Vergabe von Erbbaurechten durch Kommunen geklärt. Diese Entscheidung betrifft insbesondere die Frage, ob Kommunen beim Heimfall eines Erbbaurechts eine Vergütung ausschließen dürfen. Das Urteil stellt eine bedeutende Klärung dar und wirft Licht auf die rechtlichen Möglichkeiten und Grenzen der Vergabe von Erbbaurechten durch öffentliche Hand.

Der Fall im Detail

In dem zugrunde liegenden Fall hatte eine Gemeinde in Süddeutschland im Jahr 2014 mit einem gemeinnützigen Verein einen Erbbaurechtsvertrag geschlossen. Ziel dieses Vertrags war es, dem Verein die Errichtung einer religiösen EInrichtung und eines Kulturhauses auf einem städtischen Grundstück zu ermöglichen. Der Vertrag hatte eine Laufzeit von 60 Jahren, mit der Option einer Verlängerung um weitere 30 Jahre. Darüber hinaus wurde eine gestaffelte Erbbauzinsregelung vereinbart. Der Verein verpflichtete sich, den ersten Bauabschnitt innerhalb von vier Jahren ab Vertragsabschluss fertigzustellen. Falls dies nicht erfolgen sollte, behielt sich die Stadt das Recht vor, das Erbbaurecht zurückzufordern (Heimfall). Im Vertrag wurde explizit festgelegt, dass im Falle des vergütungslosen Heimfalls der Verein verpflichtet wäre, die Einrichtung und das Kulturhaus auf eigene Kosten zu entfernen.

Die rechtliche Auseinandersetzung

Als der Verein die Frist für den ersten Bauabschnitt nicht einhalten konnte, forderte die Kommune das Erbbaurecht gemäß den vertraglichen Bedingungen zurück. Der Verein argumentierte jedoch, dass der Ausschluss einer Vergütung beim Heimfall gegen das baurechtliche Angemessenheitsgebot des § 11 Abs. 2 S.1 BauGB verstoße und somit unwirksam sei. Diese rechtliche Auseinandersetzung führte zu einem Gerichtsverfahren, das schließlich vor dem Bundesgerichtshof endete.

Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs

Der BGH entschied, dass der Ausschluss einer Vergütung beim Heimfall im vorliegenden Fall rechtlich nicht zu beanstanden sei. Der Verein habe seine vertraglichen Pflichten verletzt, indem er den ersten Bauabschnitt nicht rechtzeitig fertigstellte. Da der Heimfall nur bei einem Verstoß des Erbbauberechtigten gegen seine Pflichten eintrete, sei der Ausschluss einer Vergütung gerechtfertigt. Jedoch betonte der BGH, dass Kommunen bei der Ausübung ihres Ermessens die Verhältnismäßigkeit beachten müssten. Insbesondere dürften private Erbbauberechtigte nicht übermäßig sanktioniert werden, sodass der vergütungslose Heimfall nicht als unangemessene Vertragsstrafe angesehen werden könne. Die Kommune wurde daher aufgefordert, die Schwere des Verstoßes des Vereins gegen seine vertraglichen Pflichten und die möglichen Folgen für den Verein sorgfältig abzuwägen.

Die Auswirkungen des Urteils

Die Entscheidung des BGH hat weitreichende Auswirkungen auf die Vergabe von Erbbaurechten durch Kommunen. Der Ausschluss einer Vergütung beim Heimfall macht das Erbbaurecht für Kommunen attraktiver, da das finanzielle Risiko für die Kommunen reduziert wird. Es ist zu erwarten, dass Kommunen vermehrt auf die Vergabe von Erbbaurechten zurückgreifen werden, um Bauland bereitzustellen. Dies birgt jedoch die Gefahr, dass private Erbbauberechtigte durch den vergütungslosen Heimfall übermäßig benachteiligt werden könnten. Daher ist es wichtig, dass Kommunen bei der Vergabe von Erbbaurechten die Verhältnismäßigkeit im Auge behalten und die Interessen aller Beteiligten angemessen berücksichtigen.

Fazit

Das Urteil des BGH zur Vergabe von Erbbaurechten durch Kommunen hat wichtige rechtliche Fragen geklärt und bietet einen klaren Rahmen für zukünftige Entscheidungen auf diesem Gebiet. Es betont die Bedeutung der Verhältnismäßigkeit und der angemessenen Berücksichtigung der Interessen aller Beteiligten bei der Ausübung des kommunalen Ermessens. Die Entscheidung des BGH wird voraussichtlich die Vergabepraxis von Erbbaurechten beeinflussen und könnte zu einer verstärkten Nutzung dieses Instruments durch Kommunen führen.

Autor: Rechtsanwalt Max-Josef Heider, Garching bei München, www.ra-heider.de


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